“Das apokalyptische Ausmaß der Zerstörung in Japan” lasse uns alle verstummen, erklärt Bundeskanzlerin Angela Merkel und vollzieht einen deutlichen Bruch mit ihrer bisherigen Atompolitik. Im letzten Jahr setzte die schwarz-gelbe Koalition noch Laufzeitverlängerungen durch, genehmigte der Nuklearbranche nach vielen Jahren wieder Bürgschaften für Atom-Exporte und pries den Beitrag der Atomkraft für den Klimaschutz. Jetzt will sie die Laufzeitverlängerung aussetzen und alte Meiler vom Netz nehmen. Ralf Güldner, Präsident des Deutschen Atomforums gesteht ein: “Wir müssen im Bereich des Restrisikos unserer Anlagen etwas tun.” – Doch die aktuelle Kehrtwende der Bundesregierung im atomkritischen Deutschland täuscht darüber hinweg, dass die Kernenergie in den vergangenen Jahren einen Aufschwung erlebte – eher zaghaft in Deutschland, vehement in zahlreichen anderen Ländern der Erde. Große Industrienationen wie China, Russland und Indien setzen auf Atomkraft, um ihren Energiehunger zu stillen, zahlreiche neue Atomkraftwerke sind dort im Bau oder zumindest in Planung. Selbst nach dem Unglück in Japan bekennen sich Regierungschefs in aller Welt zu ihren Atomkraftwerken und – teils heftig umstrittenen – Neubauprojekten. Ein großes Geschäft, von dem auch die deutsche Nuklearbranche stark profitiert. – Die ZDF-Autoren Ulrike Brödermann und Michael Strompen haben die deutsche Atomwirtschaft und ihr weltweites Engagement analysiert und zahlreiche Branchenvertreter getroffen. Vom Restrisiko war bis zur Katastrophe in Japan nie die Rede. “Wir sehen die Vorteile der Kernenergie, die CO2-freien Strom erzeugen, und dass wir auf einem wettbewerbsfähigen Kostenniveau sind und einen Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten können”, erklärt Ralf Güldner auch nach dem Unglück im Interview und warnt vor einem deutschen Alleingang in der Atompolitik.