"Wir, die für die Regulierung der Finanzmärkte und des Bankgewerbes zuständigen europäischen Abgeordneten, stehen täglich unter dem Druck des Finanz- und Banksektors, um den für die Branche geltenden Rechtsrahmen stärker zu beeinflussen". So beginnt ein aktueller Aufruf von EU-Parlamentariern (siehe Call for Finance Watch). Dieser Ausspruch macht deutlich, welch enormen Einfluss die Finanzlobby auf die Politik in Brüssel hat. Zwar ist gegen eine angemessene Interessenvertretung der Finanzbranche prinzipiell nichts einzuwenden, jedoch hat die starke Dominanz der Finanzlobby nichts mehr mit pluralistischer Interessenvertretung zu tun, sondern untergräbt grundlegende demokratische Prinzipien. Somit erscheinen die notwendigen Reformen der Finanzmärkte äußerst unwahrscheinlich. Vor der Krise gestaltete die Finanzlobby fleißig die Deregulierung der EU-Gesetzgebung mit, und nun tut sie alles um eine strengere Regulierung zu verhindern und einer Beteiligung an den Kosten der Krise zu entziehen. Die Kommission sucht ihrerseits die Nähe der Finanzbranche und lässt sich zu Finanzthemen auch nach der Krise im Wesentlichen von dieser beraten. Sie stellt damit sogar die nicht gerade lobbyarmen USA in den Schatten, wo die Börsenaufsicht immerhin gegen Großbanken und ihre Geschäfte ermittelt. Die Krise hat selbst den letzten vor Augen geführt, wie notwendig substantielle Reformen des Finanzsystems sind. Es muss nicht nur verhindert werden, dass eine solche Krise die Welt bald wieder erschüttert und Steuerzahler weltweit für die Verluste dieser Branche aufkommen müssen, sondern auch das grundlegende Verhältnis von Gesellschaft und Finanzwirtschaft muss neu definiert werden.