Wickeln, windeln, wegwerfenIm Jahr 2007 erblickten nach amtlicher Statistik in Frankreich 816.500 Babys das Licht der Welt. Verbraucht jedes dieser Babys vier bis sechs Windeln täglich und eine in der Nacht, ergibt dies einen Gesamtverbrauch von 2.000 Windeln pro Jahr. Das bedeutet, dass mehr als sechs Millionen Windeln pro Tag, also 2,5 Milliarden pro Jahr auf Frankreichs Müllkippen landen. In England werden jährlich drei Milliarden gebrauchte Windeln weggeworfen, und in den USA sind es 38 Milliarden. Und wie viele werden es sein, wenn Eltern in Indien oder China zu dem praktischen Produkt greifen werden? Plastikwindeln gelten als schlimmstes Umweltproblem im Bereich des Hausmülls. So dauert es zwischen 200 und 500 Jahre, bis sich die in den Windeln enthaltenen petrochemischen Substanzen vollkommen abgebaut haben. Und es ist paradox, dass Eltern, die ihren Neugeborenen die ersten Windeln anlegen, damit erheblich zur Verunreinigung des Planeten beitragen, der später einmal ihren Kindern gehören soll. Das Umweltproblem Plastikwindel entstand in nur einer Generation. Die Mehrheit der heutigen Eltern trug Stoffwindeln. Heute setzt die Industrie alles daran, die Welt von ihrem in teurer Forschungsarbeit entwickelten Wunderwerk zu überzeugen, das den Alltag junger Eltern einfacher macht. Und nebenbei lässt es die Hauptaktivität ihres Babys unter weißem, duftendem Plastik verschwinden, wie es sich in unserer schamhaften, hypoallergenen Gesellschaft gehört. Seit der amerikanische Großvater und "Pampers"-Gründer Victor Mills eine abgeschnittene Hose mit Holzstreu ausstopfte und so die erste Windel erfand, entstand ein gigantischer Markt mit vollendeten High-Tech-Produkten und ausgeklügelten Werbestrategien, gegen die alternative Wickelmethoden kaum eine Chance haben. Dabei kann man wickeln, ohne die Umwelt zu verschmutzen. Zwar reichen Konkurrenzprodukte bisher nicht an die scheinbar perfekte Plastikwindel heran - dies liegt jedoch weniger an technischen Grenzen als an mangelnder geistiger Offenheit in der Windel-Frage.