Die BelagerungIn Sarajevo leben heute Serben neben Bosniaken, Muslime neben Christen, Täter neben Opfern. Von 1992 bis 1995 erlebte die Stadt Sarajevo die längste Belagerung des 20. Jahrhunderts. Während dieser drei Jahre war die Stadt, in der Kämpfer, Zivilisten und Scharfschützen räumlich kaum voneinander getrennt waren, ein einziges Kriegsgebiet. Die tolerante multiethnische bosnische Metropole - Bindeglied zwischen West und Ost - war die waffenlose Hauptstadt eines Staates ohne Armee. In der Stadt finden sich Moscheen, Kirchen und Synagogen nicht weit voneinander entfernt. Deswegen wird die Stadt auch "Klein-Jerusalem" genannt.
Ihre Einwohner traf der Krieg völlig unerwartet. Der Dokumentarfilm schildert die Schrecken dieses Krieges. Darüber hinaus beleuchtet er den unbeugsamen Kampf einer Bevölkerung, die dieser extremen Härteprobe wider alle Erwartungen standhielt. Der Belagerung und den Kämpfen fielen nach Angaben der Regierung Bosnien-Herzegowinas über 10.000 Menschen aller Volksgruppen zum Opfer, unter ihnen über 1.500 Kinder. Durch Granaten, Minen oder Scharfschützen wurden rund 50.000 Menschen teils schwer verletzt.
Mit 23 Jahren ging Rémy Ourdan als Journalist und Kriegsberichterstatter ins belagerte Sarajevo und verfolgte das Kriegsgeschehen Tag für Tag. Auch nach Kriegsende blieb Ourdan der Stadt sehr verbunden und nahm sich vor, die Geschichte ihrer Belagerung aus seiner persönlichen Erfahrung heraus zu erzählen. Der Dokumentarfilm beruht ausschließlich auf Material, das Ourdan in den vier Kriegsjahren sammelte, kommentierte und teilweise veröffentlichte. Rund hundert Stadtbewohner, die die Belagerung unmittelbar erlebten, berichten über ihre Erfahrung. Dabei wird deutlich, dass der Widerstand alle Schichten - auch Künstler und Intellektuelle - erfasste, die gemeinsam für die Idee eines friedlichen Miteinanders eintraten.